Neues Forschungsprojekt zur Untersuchung alternativer Verdichtungsverfahren für nanopartikelhaltige Tinten gedruckt mit digitalen Druckverfahren für planare MID
Digitale Druckverfahren, wie der Aerosol-Jet oder InkJet-Druck, stellen heute einen alternativen Weg zur Metallisierung und elektrischen Funktionalisierung von Kunststoffbauteilen und Foliensubstraten mit einem breiten Anwendungsspektrum dar. Damit eine hohe elektrische Leitfähigkeit der gedruckten Leiterbahnen erreicht werden kann, sind Dispersionen auf Basis von Silber- und Kupfernanopartikeln im industriellen Einsatz. Die Nanopartikel sind hierbei meist mit organischen Verbindungen modifiziert, welche die Partikel in einem Lösungsmittel stabilisieren und so eine ungewollte Oxidation verhindern. Erst durch einen Verdichtungsprozess, auch bekannt als Sinterprozess, wird eine ausreichende elektrische Leitfähigkeit erreicht und die mechanische Fixierung der Schichten auf dem Substrat sichergestellt. Diese Verdichtung findet nach dem derzeitigen Stand der Technik thermisch mittels Konvektion statt. Aufgrund seiner Nachteile wie der hohen thermischen Belastung für viele polymere Substrate und einer langen Prozessdauer von oft mehr als 60 Minuten, ist eine wirtschaftliche Etablierung moderner Druckprozesse kaum möglich. Die aus dem Forschungsvorhaben entstehenden Erkenntnisse über alternative Verdichtungsverfahren sollen diese Nachteile aufheben und einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz ermöglichen.
Für das Grundverständnis und die vereinfachte Darstellung der Vorgänge während des Sinterprozesses dient oft das Zwei-Teilchenmodell. Zu Beginn findet nach dem Kontaktstadium infolge unterschiedlicher Diffusionsprozesse eine Annäherung der Teilchen statt. Unterschieden wird hierbei zwischen der Oberflächendiffusion, der Volumen- und Korngrenzendiffusion. Abbildung 1 zeigt die unterschiedlichen Stadien der Verdichtung bei der jeweils ein anderer Diffusionsmechanismus überwiegt.
Das Verdichten von nanopartikelhaltigen Dispersionen kann aufgrund der sehr großen Oberfläche im Verhältnis zum Volumen und der damit erhöhten Oberflächenenergie bei deutlich niedrigeren Temperaturen stattfinden. Die Prozesskette lässt sich in drei Teilschritte, wie in Abbildung 2 dargestellt, gliedern. In einem ersten Schritt findet das Auftragen der gewünschten Strukturen mittels verschiedener Druckverfahren statt. In einem zweiten Schritt wird durch Trocknung das Lösemittel ausgetrieben, Stabilisatoren entfernt und die Agglomeration der Nanopartikel erreicht. In einem letzten Schritt findet die eigentliche Verdichtung, die Inaktivierung verbleibender Stabilisatoren und das Verdichten der Partikel statt.
Alternative Verdichtungsverfahren, wie die photonische Bestrahlung oder der Einsatz von Lasern, befinden sich noch in ihren Anfängen, was auch auf das fehlende Wissen über die chemisch-physikalischen Zusammenhänge und ggf. Wechselwirkungen beim Trocknen und Verdichten (Sintern) zu-rückzuführen ist.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Prozesstemperatur zu minimieren, die Prozessdauer deutlich zu reduzieren und das Trocknungs- und Verdichtungsergebnis zu verbessern. Dafür soll der Stand der Technik analysiert und daraus eine einheitliche Geometrie sowie Anforderungen an gedruckte Strukturen abgeleitet werden. Die zur Verfügung stehenden alternativen Verdichtungsverfahren, wie UV- und IR-Strahlung und photonische bzw. elektromagnetische Verdichtungstechnologien, sollen genau untersucht und die entsprechenden Prozessparameter abgeleitet werden. Liegt ein fun-diertes Verständnis der Wirkzusammenhänge vor, soll eine Optimierung der einzelnen Technologien und eine Kombination unterschiedlicher Verfahren stattfinden. Abschließend erfolgt eine Bewertung und Optimierung der elektrischen und mechanischen Eigenschaften entsprechender Schichten auf ausgewählten thermoplastischen Substraten.
Die Bearbeitung des Projektes wird durch die Forschungsstellen Institut für Chemie, Material- und Produktentwicklung (OHM-CMP) der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (THN) und dem Lehrstuhl für Ferti-gungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) durchgeführt. Seitens der Industrie wird das Vorhaben von den Firmen Adphos digital printing GmbH, Clariant Produkte GmbH, Dr. Hönle AG, GSB-Wahl GmbH, Infineon Techno-logies AG, Neotech AMT, RF Plast GmbH, SEHO Systems GmbH, Netzwerk NanoInk und Zollner Elektronik AG unterstützt.
Das IGF-Vorhaben 19605 N der Forschungsvereinigung Räumliche Elektro-nische Baugruppen 3-D MID e. V. wird über die AiF im Rahmen des Pro-gramms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Kontakt:
Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm
Institut für Chemie, Material- und Produktentwicklung (OHM-CMP)
Keßlerplatz 12
D-90489 Nürnberg
Projektleiter: Prof. Dr.-Ing. Marcus Reichenberger
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS)
Fürther Str. 246b
D-90429 Nürnberg
Projektleiter: Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christopher Kästle
Quellen:
[1] GERMAN, R. M.: Sintering: From empirical observations to scientific principles: Elsevier Verlag, 2014
[2] REICHENBERGER, M.: Teilschritte bei der Verarbeitung von Dispersionen für die elektrische Funktionalisierung:
Technische Hochschule Nürnberg