Forschungsvereinigung Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e.V.
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Charakterisierung der Hochfrequenz-Eigenschaften von Materialien für LDS-MID

Erfolgreicher Abschluss des AiF-Projektes 17179 N

Die Entwicklung moderner elektronischer Kommunikationssysteme ist von zwei Haupttrends geprägt. Zum einen basieren moderne Funkdienste auf der Nutzung immer höherer Frequenzen und zum anderen ist eine stetig wachsende Anzahl zu integrierender Funkdienste in einem Gerät zu beobachten. Dies bedingt eine stetig zunehmende Integrationsdichte der elektronischen Schaltungen. Dies betrifft insbesondere auch die Antennen, deren volumeneffiziente Integration, möglichst ohne Leistungseinbußen, vom Anwender erwartet wird. Eine Verwendung der Gehäuseflächen als Träger für Hochfrequenzschaltungen sowie Antennen stellt eine solche Lösung dar. Die Molded Interconnect Device (MID) Technologie erlaubt es, räumlich spritzgegossene Kunststoffteile mit einer Metallisierung zu versehen und diese so als Schaltungs  und Antennenträger zu nutzen. In der letzten Zeit haben die Laser Direkt Strukturierbaren (LDS) MID-Materialien für eine verstärkte Anwendung dieser Technologie gesorgt.

Um die Verwendung der MID Materialien für Hochfrequenzanwendungen besser zu erschließen, ist es notwendig, die spezifischen Materialparameter möglichst genau zu kennen. Da diese Parameter selbst für marktübliche Materialien bislang nicht systematisch erfasst wurden, hat das Institut für Hochfrequenztechnik und Funksysteme der Leibniz Universität Hannover im Rahmen des Forschungsprojektes – Charakterisierung der Hochfrequenz-Eigenschaften von LDS-MID – eine grundlegende Untersuchung an einer typischen Auswahl von Materialien durchgeführt. Dabei erfolgte eine Charakterisierung und Bewertung der dielektrischen Materialeigenschaften sowie des Metallisierungsprozesses.

Eingebettet ist dieses Projekt in die Forschungsaktivitäten der Forschungsvereinigung 3-D MID e.V. (www.3d-mid.de), welche sich interdisziplinär mit der Förderung und Weiterentwicklung der MID Technologie befasst.

 

MID als Hochfrequenzsubstrat
Die Verwendung von MID-Materialien als Träger von Antennen und Hochfrequenzschaltungen erfordert für diese die gleichen Materialkenntnisse, wie sie bei einem Standard-Schaltungsträgermaterial vorliegen. Der Anwender benötigt sehr genaue Werte für den Realteil der komplexen Permittivität ε sowie der Verlusteigenschaften, die meist durch den Verlustfaktor tan δ charakterisiert sind. Die Datenblätter der meisten MID-Materialien enthalten jedoch, wenn überhaupt, lediglich Werte für die Permittivität bei niedrigen Frequenzen. Für eine erfolgreiche Anwendung der MID-Technologie in Hochfrequenzanwendungen war es daher notwendig, eine genaue Materialcharakterisierung in einem großen Frequenzbereich durchzuführen. In Bezug auf zukünftige Anwendungen im Mikro- und Millimeterwellenbereich gibt es noch sehr wenige Anwendererfahrungen. Hier galt es daher zu klären, ob die LDS-MID-Materialien für eine Nutzung grundsätzlich geeignet sind.
Die Untersuchung der Metallisierungsqualität und deren Einfluss auf die Hochfrequenzeigenschaften war ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen. Hier waren besonders die Dämpfungseigenschaften im Frequenzbereich oberhalb von 10 GHz von Interesse, da dort die größten Einflüsse zu erwarten sind.
Materialdaten
Im Rahmen des o.g. Forschungsprojektes wurden vier auf dem Markt erhältliche LDS-Materialien untersucht. Es wurde dabei darauf geachtet, möglichst verschiedenen Materialtypen zu verwenden um ein repräsentatives Ergebnis zu bekommen. Tabelle 1 zeigt die vermessenen Materialien sowie deren Hersteller
Material Bezeichnung Hersteller
Polycarbonate/Actylnitril
Butadien Styrol (PC/ABS)
XANTAR LDS 3720
XANTAR LDS 3732
Mitsubishi Enineering-
Plastics Europe BV
Polyphthalamid (PPA) VESTAMID HT plus M1033 Evonik Industries AG
Polyamid (PA) – mit Glasfaser
verstärkt
Grilamid 1SVX-50H LDS EMS-CHEMIE AG
Liquid Crystal Polymer (LCP) Vectra E840i LDS Ticona GmbH
Tabelle 1: Untersuchte LDS-MID-Materialien

 

Für die Messungen wurden verschiedene Messverfahren und –vorrichtungen eingesetzt, welche zum einen den angestrebten Frequenzbereich von 100 MHz bis 80 GHz möglichst gut abdecken und zum anderen auch eine Kontrolle der Messungen untereinander ermöglichen. Im Rahmen des Projektes wurden einzelne Messvorrichtungen in ihrem Frequenzbereich erweitert. Bild 3 zeigt exemplarisch die mit Resonatorverfahren ermittelten Messergebnisse der Permittivität für alle vermessenen Materialien im Frequenzbereich von 2,7 GHz bis 65 GHz. Es ist zu beachten, dass alle vermessenen LDS-Materialien mit Ausnahme des PC/ABS (XANTAR LDS 3720 / XANTAR LDS 3732) eine Abhängigkeit der Materialeigenschaften von der Raumrichtung aufweisen. Diese Abhängigkeit die teilweise auch bei Standardträgermaterialien zu beobachten ist, entsteht durch Füllstoffe im Material und den Spritzprozess. Dies wurde bei der Vermessung berücksichtigt.

Auswertung

Um die prinzipielle Eignung der LDS MID Materialien für die Verwendung als Hochfrequenzsubstrat zu untersuchen, wurden die Materialuntersuchungen im Frequenzbereich 100 MHz bis 67 GHz durchgeführt. Die Werte für den Realteil der Permittivität ε liegen für die LDS-Kunststoffe im Bereich von 2,5 bis 5,5 und damit in einem Bereich wie er für Kunststoffe dieser Art zu erwarten ist. Der Zusatz der LDS-Metallkomplexe sorgt wenn überhaupt lediglich für geringe Veränderungen von ε. Die Materialien sind damit für eine Anwendung als Hochfrequenzsubstrat gut geeignet.

Bei der Betrachtung des Verlustfaktors (tan δ) ergibt sich eine Streuung der Werte von 0,003 bis zu 0,015. Im Frequenzbereich ab 60 GHz ist ein deutlicher Anstieg zu erkennen. Die Werte der Verlustfaktoren liegen zwar über den üblichen Werten von speziellen Hochleistungsträgermaterialien, jedoch noch in einer Größenordnung, die eine Verwendung als HF-Schaltungs- bzw. Antennenträger gut zulässt.

 

Metallisierung

Die Metallisierung der LDS-Materialien ist bei der Beurteilung der Hochfrequenzeignung dieser Technologie mit einzubeziehen, da beispielsweise die Dämpfungseigenschaften von Hochfrequenzleitungen von der Oberflächenrauheit des Leiters abhängen. Daher wurden im Rahmen des o.g. Projektes Metallisierungsuntersuchungen durchgeführt. Dafür wurden Koplanarleitungsstrukturen verschiedener Leitungslängen metallisiert und bezüglich ihrer Dämpfungseigenschaften vermessen.

Bild 4 zeigt die Dämpfungskonstante α für verschiedene Metallisierungszusammensetzungen der Leiterbahnen. Es ist zu erkennen, dass sich die Dämpfungseigenschaften der Kupfer- bzw. Kupfer/Nickel/Gold-Leitungen im Frequenzbereich bis etwa 15 GHz kaum unterscheiden. Bei höheren Frequenzen steigt die Dämpfung der Leitungen, die mit Kupfer und einer Oberfläche aus Nickel versehen sind, aufgrund des Skineffektes stärker an. Der Unterschied bei 60 GHz beträgt dann etwa 0,3 dB/cm. Die besten Dämpfungseigenschaften zeigt die mit galvanisch aufgebrachtem Silber verstärkte Probe. Sie weist bei 60 GHz einen im Vergleich zu reinem Kupferaufbau um etwa 0,25 dB/cm geringeren Wert der Dämpfungskonstante auf.

Abschließend ist festzustellen, dass die Einflüsse der Metallisierung im Frequenzbereich bis etwa 15 GHz gering sind. Bei der Betrachtung zukünftiger Anwendungen im Bereich höherer Frequenzen sollte jedoch eine geeignete Wahl der Metallisierung aufgrund der Dämpfungseigenschaften berücksichtigt werden.

 

Antennenrealisierung 

Zur Verifikation und Veranschaulichung der Güte der gewonnen Messergebnisse erfolgte die Realisierung von Patchantennen im ISM Band bei 5,8 GHz. Bild 1 (rechts) zeigt exemplarisch eine auf dem LDS Material Xantar LDS 3720 realisierte Patchantenne. Bild 5 und 6 zeigen die Simulations- und die dazugehörigen Messergebnisse für den Betrag der Eingangsanpassung |S11| sowie den Antennengewinn G bei 5,8 GHz. In Bild 5 ist deutlich zu erkennen, dass die auf Basis der gewonnenen Materialdaten simulierte Resonanzfrequenz der Antenne, in ausgezeichneter Weise mit dem Messwert übereinstimmt. Das gleiche gilt für die in Bild 6 dargestellten Strahlungseigenschaften der Antenne.

Technologiedemonstrator 
Die im Rahmen des Projektes gewonnen Forschungsergebnisse wurden weiterhin für die Realisierung eines Technologiedemonstrators genutzt. Das in einem Feldsimulator implementierte Modell des Demonstrators zeigt Bild 7. Die Schaltung hat die Funktion eines W-LAN-Pegeldetektors für 2,4 GHz und beinhaltet eine Empfangsantenne, die Filter- und Pegeldetektorschaltung sowie eine optische Anzeigeeinheit mit einer Knopfzelle als Versorgungsquelle. Als 3D-Grundkörper kommt ein von der BMW AG für die Herstellung von Kfz-Antennen genutztes Design (BMW Designhaube) zum Einsatz. Die Vorzugsrichtung der Antenne liegt in Richtung der Gehäusespitze. Auf diese Weise lässt sich in gewissem Maße auch die Richtung des stärksten W-LAN-Access-Points feststellen. Der als integrierter Schaltkreis aufgebaute Detektor stellt den Leistungspegel des Signals fest und erzeugt eine Ausgangsspannung, die proportional zum Eingangspegel ist. Mit dieser Ausgangsspannung wird ein LED-Treiber ausgesteuert, der je nach Eingangsspannung die Anzahl der leuchtenden LEDs variiert. Somit kann anhand der Anzahl der leuchtenden LEDs festgestellt werden, wie groß die empfangene Signalstärke ist. Der auf diese Weise realisierte Pegeldetektor hebt die Vorteile der LDS-MID-Technologie besonders hervor, da sowohl die Integration einer Antenne als auch einer Hochfrequenzschaltung auf einem dreidimensional geformten Trägerkörper umgesetzt wurde.
Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde eine Untersuchung der Materialeigenschaften von LDS-MID-Materialien im Frequenzbereich 100 MHz bis 80 GHz durchgeführt. Hierfür wurden zunächst einige bereits an der Forschungsstelle vorhandene Messverfahren in ihrem Frequenzbereich erweitert und jeweils durch Vermessung eines Referenzmaterials evaluiert. Die Eignung der verwendeten Verfahren konnte damit verifiziert werden. Die Messergebnisse haben gezeigt, dass alle untersuchten Materialien aus Sicht des Hochfrequenz-Schaltungsentwicklers für den Einsatz in Hochfrequenzanwendungen geeignet sind. Die durch das LDS-Material verursachten dielektrischen Verluste sind als vergleichsweise gering einzustufen. Eine Untersuchung der Metallisierungseigenschaften hat gezeigt, dass mit der richtigen Wahl des Leiterbahnmaterials auch die galvanischen Verluste im Hochfrequenzbereich gering gehalten werden können.
Die gewonnenen Erkenntnisse über die dielektrischen Materialeigenschaften wurden mit Hilfe von Referenzantennen verifiziert. Hierbei wurden der Gewinn und die Resonanzfrequenz der Antennen zur Bewertung herangezogen. Der Vergleich zwischen den simulierten und gemessenen Antennenkenngrößen hat gezeigt, dass die ermittelten Permittivitätswerte eine hohe Präzision besitzen. Zusätzliche Iterationsschritte in der Entwicklung und Umsetzung können so vermieden werden.
Als abschließende Umsetzung der erzielten Erkenntnisse erfolgte die Realisierung eines Technologiedemonstrators. Der realisierte Pegeldetektor für W-LAN-Signale bei 2,4 GHz kann zukünftig im Rahmen von Veranstaltungen der Forschungsvereinigung Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e.V. und von industrielle Anbietern als Technologiedemonstrator eingesetzt werden.

 

Förderungshinweis
Das IGF-Vorhaben 17179 N der Forschungsvereinigung Räumliche Elektronische Baugruppen 3-D MID e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

 

Kontakt

 

Leibniz Universität Hannover 
Institut für Hochfrequenztechnik und Funksysteme
Dr.-Ing. Bernd Geck
www.hft.uni-hannover.de
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