Kurzfassung des Abschlussberichts des Forschungsprojekts: IGF Projekt 321 EN – Ressiar-MID
„Smarte Sensorsysteme für IoT-Applikationen im RetroFit von Maschinen und Anlagen mit räumlichen Integrationstechnologien“
Durchgeführte Arbeiten und Ergebnisse
Im Berichtszeitraum wurden zunächst die Themenfelder Anforderungen und Use-Cases behandelt. Im Anschluss daran wurden die Themen Systemarchitektur und Referenztopologie bearbeitet. Daneben wurden auch die Aspekte Design sowie Machbarkeit adressiert. Hierbei wurden mehrere Test-Muster entwickelt, um die Umsetzbarkeit in den verschiedenen Technologien zu analysieren. Die Herausforderung bestand unter anderem in der Realisierung von sog. High Density Interconnect (HDI) Metallisierungen zur Bestückung mit hochintegrierten Halbleiterbauteilen. Diese Chip-Sätze sind für den Aufbau der Sensorsysteme notwendig, da aufgrund des begrenzten Bauraums und der limitierten Energie aus der Primärzelle kein Schaltungsaufbau mit diskreten Bauelementen möglich oder sinnvoll ist. Abschließend wurde das Aufbaukonzept in Form von Demonstratoren umgesetzt und final validiert.
Weiterhin wurde ein Testkonzept erarbeitet, welches dem Entwickler und Anwender Hinweise und Hilfestellungen unterbreitet, wie ein drahtloses Sensorsystem validiert und überprüft werden sollte.
Des Weiteren wurde intensiv an der Erstellung einer Design Guideline gearbeitet. Diese hat das Ziel, KMUs zu befähigen, eigenständig drahtlose Sensorsysteme zu entwerfen. Die Guideline begleitet den Entwicklungsprozess mit praktischen Hinweisen und Handlungsempfehlungen, die den Entwickler unterstützen.
Architektur
Im Rahmen der Digitalisierung von Anlagen und Maschinen im Bestand, dem sog. RetroFit, sind neue Methoden und Technologien erforderlich, um die benötigte Sensorik nachzurüsten. Die durchgängige und kosteneffiziente Erfassung der physikalischen Prozessgrößen ist die Grundvoraussetzung für die Überwachung und Analyse der Maschinen- und Prozesszustände. Denn nur so lassen sich Konzepte wie Internet of Things und Predictive Maintenance, also eine umfassende Vernetzung und eine bedarfsgerechte Wartung von Maschinen und Anlagen realisieren. Hierbei ist festzuhalten, dass die physikalischen Größen, welche erfasst werden sollen, stark von Maschinenaufbau und -funktion abhängig sind. Um den Entwicklungsaufwand so gering wie nötig zu halten, ist es sinnvoll, einen Konstruktionskatalog zu schaffen, um verschiedene Sensorsysteme aus einem Baukasten unterschiedlicher Sensorkomponenten anwendungsgerecht zusammenstellen zu können.
Hierfür wurden verschiedene Sensorprinzipien analysiert und klassifiziert. Auf Basis dieser Analyse wurde eine erste simplifizierte, modularisierbare Sensorarchitektur abgeleitet (s. Abb. 1). Diese wurde dann sukzessive an die Anforderungen für drahtlose Sensorik angepasst und in eine räumliche Form überführt.
Abbildung 1: Schematische Darstellung der Sensorstruktur; Quelle: Fraunhofer IEM, TH OWL
Die schematische Darstellung der variablen/modularen Sensorstruktur zur Erfassung verschiedener physikalischer Größen verdeutlicht die große Anwendungsbreite des Konzeptes. Das System kann an älteren Maschinen und Anlagen appliziert werden – hier exemplarisch an drei Anwendungsfällen dargestellt – um die gewünschten Messgrößen zu erfassen und drahtlos an einen Access-Point zu übertragen. Für eine Drehmaschine ist zum Beispiel die Erfassung der Drehzahl und Beschleunigung am Spannfutter ein realistischer Anwendungsfall, während in der Lebensmittelindustrie die Erfassung der Trübung einer Flüssigkeit wichtig sein mag.
Speziell bei rotierenden Maschinenteilen ist eine kabelgebundene Datenübertragung – sofern überhaupt möglich – äußerst problematisch und lässt sich nur mit aufwändigen Maßnahmen wie zum Beispiel störanfälligen Schleifkontakten realisieren. Für die Nachrüstung bei Bestandsanlagen wird sie daher und auch aus Kostengründen für die Umrüstung nicht in Erwägung gezogen. Es ist hier günstiger eine drahtlose Kommunikation zu realisieren, da die Störsicherheit und Zuverlässigkeit sichergestellt werden muss.
Aus diesen exemplarischen Anwendungsfällen lassen sich bereits erste Anforderungen ableiten, mit denen sich eine erste Abstraktion und Modularisierung des Sensorsystems ergibt. Das Sensormodul muss unabhängig von Art und physikalischem Aufbau des eigentlichen Sensorelements sein. Das heißt, es darf keine Rolle spielen, ob eine Temperatur, eine Beschleunigung oder eine Drehrate erfasst werden soll. Außerdem müssen Messdaten, bevor sie an eine Basisstation weitergeleitet werden, im Sensorsystem vorverarbeitet werden. Von der Basisstation werden die Daten dann in ein größeres Netzwerk wie zum Beispiel die Cloud eingespeist. Die verwendeten Übertragungsfrequenzen, Protokolle usw. sind zunächst von untergeordneter Bedeutung und werden primär durch den Anwendungsfall und die Rand- und Einsatzbedingungen des Sensorsystems vorgegeben.
Abbildung 2: System-Architektur mit Funktionsgruppen; Quelle: Fraunhofer IEM, TH OWL
Die Architektur wurde gemäß den Anforderungen weiter ausgearbeitet und konkretisiert. Abbildung 2 zeigt den nächsten Entwicklungsschritt der System-Architektur, der neben Funktionsblöcken auch eine erste Segmentierung in Funktionsgruppen beinhaltet. Ebenfalls wurde die Option, mehrere Sensoren anzuschließen, berücksichtigt. Mittels eines sog. Multiplexers kann jedes Sensorsignal einzeln angewählt und der Signalverarbeitung zugeführt werden. Das Signal kann ferner konditioniert werden, z.B. durch Filterung oder Verstärkung. Danach erfolgt bei analogen Signalen i.d.R. eine Diskretisierung mittels eines Analog-Digital-Converters (ADC). Das Power-Management koordiniert die Energieversorgung des Sensormoduls. Eine Batterie liefert hierbei die Energie, welche mittels eines Spannungswandlers an die benötigten Versorgungsspannungen der einzelnen Sensorsystem-Komponenten angepasst wird. Um Energie einzusparen, kann der Mikrocontroller in einen sog. Sleep-Modus fahren. Aus diesem energiesparenden Modus kann die Schaltung mittels eines Watchdog-Schaltkreises in den normalen Betriebszustand hochgefahren werden, indem der Watchdog ein Signal an das Power-Management sendet. Watchdog-Schaltkreise sind spezielle Systeme, welche auf externe Ereignisse, wie z.B. Lageänderung, Beschleunigung etc. reagieren. Sie werden oft in MEMS (Micro Electro Mechanical Systems) Technologie ausgeführt, da sie so mit vernachlässigbaren Ruheströmen betrieben werden können. Die zu sendenden Daten werden vom Mikrocontroller an das RF-Interface übermittelt. Dieses enthält neben dem Transciever Modul eine Schaltung zur Impedanzanpassung an die Antenne. Neben einer Onboard Antenne kann auch für bessere Sendereichweiten eine externe Antenne verwendet werden. Zum Programmieren des Mikrocontrollers ist neben einem NFC-System (Near Field Communication) zusätzlich ein kabelgebundenes Interface vorgesehen.
Im nächsten Schritt werden die eigenständigen Funktionseinheiten des Systems – die Module – spezifiziert und räumlich vereinzelt. Es werden hierbei auch alle Versorgungs-, Bus-, Sensor- und Steuerleitungen definiert.
Abbildung 3: Modulare System-Architektur; Quelle: Fraunhofer IEM, TH OWL
Abbildung 3 vermittelt einen ersten Eindruck zur räumlichen Gestaltung des Sensorsystems. Die eigentlichen Sensorelemente sind hier nicht mehr dargestellt, da abhängig von der Art der Sensoren jeweils ein analoges bzw. digitales Sensor-Interface die spezifische Anbindung vornimmt. Beide Interface-Typen haben einen eigenen DC-Spannungswandler. Während die Datenleitung vom digitalen Sensor direkt weitergeführt werden kann, ist im analogen Sensorinterface eine optionale Signalvorverarbeitung vorhanden, in der das Sensorsignal entsprechend konditioniert und an den Eingangsspannungsbereich des ADC angepasst wird. Es hat sich gezeigt, dass ein sogenanntes Interposer-Modul erforderlich ist. Dieses ist in der oberen Abbildung als zweites Modul von links dargestellt. Das Interposer-Modul ist notwendig, um die verschiedenen Topologien der Sensorelement-Seite (links) variabel an die rechte Seite mechanisch und elektrisch anzubinden. Insbesondere wird dieses Modul genutzt, um Leitungs- oder Buskreuzungen zu realisieren. Über dem Mikrocontroller ist die Watchdog-Schaltung angeordnet. Der Power Management Block ist rechts vom Mikrocontroller und unter dem RF-Block angeordnet. Dieser enthält zwei Gleichspannungswandler. Hiervon besitzt einer eine programmierbare Ausgangsspannung und dient der Versorgung der Sensoren, während der andere die Spannungsversorgung des Mikrocontrollers übernimmt. Im RF Modul befinden sich der Transceiver und die Schaltung zur Impedanzanpassung an die Antenne. Das letzte Modul enthält zum einen die Antennen für die drahtlose Datenübertragung, zum anderen sind eine NFC-Antenne und ein kabelgebundenes Interface wie z.B. ein USB-Anschluss zur Programmierung des Mikrocontrollers vorgesehen.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.